Klartext über Hass und Vorurteile: Daniel Neumann an der GAZ

Das Thema Antisemitismus stand im Mittelpunkt einer besonderen Veranstaltung an der Georg-August-Zinn-Schule Reichelsheim (GAZ). Auf Einladung von Angelika Linsin, Dr. Dirk Strohmenger und Dieter Keim war Daniel Neumann, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen und Mitglied im Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland, nach Reichelsheim gekommen. Er war bereits im vergangenen Jahr an der GAZ, um über das Thema vor Lernenden und Lehrkräften zu sprechen.
Diesmal referierte Neumann vor den Schülerinnen und Schülern der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe. Die Begrüßung erfolgte durch Fachbereichsleiterin Martina Schemenau und den stellvertretenden Schulleiter, Direktor Patrick Eckert.
Daniel Neumann spannte in seiner Rede den Bogen von der Entstehung des Antisemitismus über dessen historische Entwicklung bis hin zu jüdischem Leben im 21. Jahrhundert und der Frage, wie man als Jude mit dem Antisemitismus der Gegenwart lebt. Um den Hass deutlich zu machen, verlas Neumann Zuschriften, die dem Zentralrat der Juden zugingen oder in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden. Darin werde Israel immer wieder als „Übel der Welt“ bezeichnet, das den Weltfrieden bedrohe. Der Antisemitismus zeige sich aber auch in Zuschriften wie „blutdürstige Mörderhunde, die Kinder zerstückeln und das Wasser vergiften“ oder „die Zionisten haben sich in Palästina wie ein Krebs eingewurzelt“.
Daniel Neumann stellte die Frage, was das für den Alltag von Juden heute in Deutschland bedeute. Die gesellschaftliche Tabuisierung und Relativierung des Antisemitismus beschrieb er sodann anhand seiner eigenen persönlichen Geschichte. Was in Neumanns Kindheit mit antisemitischen Anfeindungen von rechts und bekannten Stereotypen begann, äußere sich heute besonders durch die Geschehnisse und Folgen rund um den 7. Oktober 2023. Dazu Neumann: „Der eigene Zufluchtsort war auf einmal verletzlich, angreifbar, und es stellte sich die Frage, ob dieser Ort überhaupt sicher weiter existieren könne.“
Daniel Neumann zitierte Viktor Frankl, der einmal sagte, dass es nur zwei Rassen auf der Welt gebe: die Anständigen und die Unanständigen. „Ich erwarte, dass niemand aufgrund seiner Religion oder politischen Ansicht angegriffen wird“, schlussfolgerte er. Jüdisches Leben heute sei ein Leben hinter schusssicherem Glas, mit bewaffneten Sicherheitskräften – immer verbunden mit der Angst, dass jederzeit ein Angriff stattfinden könne.
Er schloss seine Rede mit der Erwartung an jeden Einzelnen, dass jüdische Menschen nicht anders behandelt werden als andere auch. Der Gast appellierte, dass man Stereotype hinterfragen müsse und Menschen nicht zu Angriffszielen machen dürfe, weil man „den gängigen Vorurteilen aufgesessen ist“. Es gebe ein „Grundmaß an Respekt und Menschlichkeit“, das jedem zustehe, so Neumann.
Im Anschluss an seine Rede hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Daniel Neumann Fragen zu stellen, wovon sie auch reichlich Gebrauch machten.

Unser Bild zeigt Daniel Neumann bei seiner Rede vor Schülerinnen und Schülern in der Aula der GAZ. Fotocredit: Raoul Giebenhain.