DDR-Zeitzeugin Birgit Schlicke zu Gast an der GAZ

Bereits zur Tradition geworden ist die DDR-Zeitzeugenveranstaltung für die Jahrgangsstufe 10 an der Georg-August-Zinn-Schule (GAZ). In diesem Jahr bot der Besuch der Zeitzeugin Birgit Schlicke den Schülerinnen und Schülern der Reichelsheimer Gesamtschule erneut einen tiefen und bewegenden Einblick in die Realität eines Lebens unter der SED-Diktatur.
Organisiert wurde die Veranstaltung wie in den Vorjahren von Studienrat René Beck, der in diesem Jahr ein neues, dialogorientiertes Format wählte: In Form eines moderierten Interviews konnten die Zehntklässler die Zeitzeugin direkt befragen und ihre Lebensgeschichte so aus erster Hand erfahren.
Die Veranstaltung wurde von Direktor Patrick Eckert, dem stellvertretenden Schulleiter, eröffnet. In seiner Begrüßung betonte er: „Die Biografie von Birgit Schlicke belegt klar, dass die DDR ein Unrechtsstaat war.“
Birgit Schlicke, geboren 1969 in der ehemaligen DDR, berichtete offen und eindrucksvoll von ihren persönlichen Erfahrungen im diktatorischen Regime. Bereits als Kind habe sie gespürt, dass „etwas in diesem Land nicht stimme“. Im Alter von 17 Jahren entschieden sich ihre Eltern zur Flucht in den Westen – ein Entschluss, der das Leben der gesamten Familie dramatisch veränderte. Nachdem ihre Lehrerin von den Plänen erfuhr, wurde sie unter Druck gesetzt, den Fluchtwunsch aufzugeben – vergeblich. Die Folge: Schulverweis, keine Zulassung zum Abitur und fortan ständige Überwachung durch die Staatssicherheit.
Die Schikanen gipfelten 1988 in ihrer Verhaftung wegen angeblichen Landesverrats. In ihrem eindrucksvollen Bericht schilderte Schlicke die Zustände in der Untersuchungshaft: erniedrigende Leibesvisitationen, stundenlange Verhöre und psychischer Druck waren an der Tagesordnung. Schließlich wurde sie zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt und in das berüchtigte Frauengefängnis Hoheneck gebracht – gemeinsam mit Straftäterinnen und einer früheren KZ-Aufseherin.
Im November 1989, kurz nach dem Mauerfall, wurde Birgit Schlicke entlassen – politisch gebrochen, aber unbeugsam in ihrem Willen zur Aufklärung. Heute engagiert sie sich landesweit, um junge Menschen über die Realität der DDR aufzuklären. „An vielen Schulen wird sehr wenig bis gar nichts über die DDR unterrichtet“, beklagte sie im Gespräch. Es sei ihr wichtig, gegen das Vergessen anzukämpfen und vor der Wiederholung totalitärer Systeme zu warnen.
Ihre klare Botschaft: Die DDR war ein Unrechtsstaat, eine zweite deutsche Diktatur, ein „großes Gefängnis“, in dem Millionen Menschen eingesperrt waren – körperlich wie geistig.
Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich beeindruckt vom Mut der Zeitzeugin und der Kraft ihrer persönlichen Geschichte. Die GAZ unterstreicht mit Veranstaltungen wie dieser ihr demokratisches Bildungsverständnis und ihr Ziel, historisch-politische Bildung erfahrbar zu machen.

Unser Bild zeigt die DDR-Zeitzeugin Birgit Schlicke (rechts) mit Direktor Patrick Eckert (links), Studienrat René Beck (Zweiter von links) und den Moderatoren der Jahrgangsstufe 10 in der Aula der GAZ. Fotocredit: Tim Scholz.